Peter K. : Ich war immer ein Einspänner

(Auszug)

 

.... Immer, wenn unser  Vater von mir redete, bezeichnete er mich als Einspänner, obwohl wir doch fünf Kinder waren: Ernst  war der Älteste. Dann kam  ich, (also Peter), es folgten meine Schwestern Maren und Elke und als letzter unser Kleiner. Er hörte das gar nicht gerne, denn er hieß schließlich Wolfgang. Er wurde von uns aber immer nur Wölfchen genannt, weil er der Letzte, der Jüngste und damit immer der Kleinste war. Ein gewaltiger Abstand lag zum Beispiel schon zwischen Elke als vorletzter und ihm: sieben lange Jahre trennten die beiden, Jahre, die für uns als Kinder entscheidend zählten. Als er ein Jahr alt wurde, war Elke acht Jahre alt, Peter schon 15 und ich 13 – was ging uns beide Männer dieses Baby an? Und als Wölfchen tatsächlich kein Wölfchen mehr war, sondern mit seinen 16 Jahren ein brummiger Wolf mit ewig schlechter Laune und tiefer Stimme, da waren Maren und Elke schon  verheiratet, Ernst ganz fest in Vaters Firma, ich längst aus dem Haus. Wölfchen hatte nur die Eltern als Angriffsziel, wenn sie ihn nicht Wolfgang sondern Wölfchen nannten.

 

Einspänner nannte mich der  Vater. Das fand ich unendlich blöde, denn ich empfand mich nicht als Außenseiter, schon gar nicht als einen, der sich vor einen Karren spannen lassen würde. Heute weiß ich, dass  der Vater Recht hatte. Ernst war von klein auf davon überzeugt, dass er Chef in Vaters  Autohandel werden würde. Früh schon kannte er jede Automarke, jede Firma, die für Vater eine Konkurrenz waren. Er taxierte vorbeifahrende Autos auf ihren Verkaufswert, er las die Kleinanzeigen der Rubrik Automobilmarkt in unserer Zeitung wie andere Leute die Bunte Seite und er war schon früh Geschäftsmann durch und durch, schon damals als wir noch Jungens waren. Nie  lieh er einem Geld, ohne Zinsen dafür zu verklangen und alles wollte er immer gleich vertraglich regeln, sogar den Tausch meiner Lok von der Märklin-Modell-Eisenbahn gegen sein altes Zelt. Festschreiben nannte er das. 

Ich hatte schon  früh verkündet, dass der Autohandel nichts für mich sei, niemals! Kaufmännisches hatte mich kaum interessiert. Elke und Maren hatten sich zuerst immer nur für ihre Freundinnen und Freunde und später immer nur für ihre Ehemänner und Kinder interessiert, sie sprachen nur noch über sie. Und als sie so früh fortzogen in ihr eigenes Nest waren sie rasch auch  fort aus meinem Bewusstsein, wenn man mal von den lästigen Besuchen zu Weihnachten absieht. Ernst, geschäftstüchtig, charmant, immer lustig und ein echter Menschenfreund, war für den Kundenkontakt zuständig. Wölfchen stieg als Computerspezialist in den Autohandel von Vater und Ernst ein. Er lehnte es ab Informatik zu studieren und hatte sich alles selbst beigebracht. Aber was er machte, machte er gut, sodass er nach seiner kaufmännischen Lehre zum dritten Partner in der Firma wurde.

 

Von klein auf hatte ich andere Pläne für mein Leben, andere Interessen. Ich hatte auch völlig andere Freunde als jene, die meine Geschwister hatten. Und eigentlich fing genau damit alles an ........